Veränderung? Ja, aber wie schnell, wie radikal?

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Veränderung? Ja, aber wie schnell, wie radikal?

Johannes F. Reichert - Medienzukunft gestalten - Professionelles Changemanagement und Organisationsentwicklung zu Veränderungsprozessen in Medienunternehmen
Veröffentlicht von Johannes F. Reichert in Strategie · 22 März 2018
Tags: StrategieChangeARDZDFTVRadioZeitung
 
Dass sich Medienhäuser verändern müssen, ist inzwischen unbestritten – zu deutlich sich die Signale des Marktes (z.B. bei den Zeitungen) und der Politik (z.B. ARD und ZDF).
Doch wie schnell und wie radikal dieser Umbau erfolgen muss, um das Überleben zu sichern – dazu gehen die Meinungen (und die daraus abgeleiteten Strategien) weit auseinander.

Deutliche Signale

Viele Mitarbeiter sind in ihrem eigenen Mediennutzungsverhalten bereits wesentlich weiter als das Unternehmen, in dem sie arbeiten. Die meisten aber freunden sich erst langsam mit der Idee an, dass auch sie betroffen sein könnten, dass sie ihre Denk- und Arbeitsweisen deutlich verändern müssen. Deshalb ist es aus Sicht der Unternehmensstrategie notwendig, deutliche Signale zu setzen, um eine Neuausrichtung überhaupt zu ermöglichen: Bedrohungsszenarien und radikale Symbolhandlungen sollen aufwecken, erschrecken – mit dem Ziel, dem Neuen überhaupt eine Chance zu geben:
 
„Wenn wir keine Antwort finden auf die neuen Herausforderungen, wenn wir uns nicht massiv verändern, werden wir verschwinden, andere Unternehmen werden unseren Platz einnehmen“ – wie in dieser Grafik dargestellt.


 
Radikale Neuorientierung?

Manche besonders überzeugte Digitalisierer fordern deshalb eine radikale Neuorientierung allein in Richtung digitaler Märkte und Produkte: „Wir müssen das Alte vergessen, uns als rein digitales Unternehmen aufstellen, um künftig erfolgreich zu sein!“
 
Wie viele radikale Ideen, ignoriert dieser Ansatz leider einige Gegebenheiten:
 
  • Die klassischen Medien erzielen den Großteil ihres Erfolges (Reichweite / Einnahmen) noch immer mit klassischen linearen Produkten. Sobald sie dieses Feld aufgeben, finden sie sich in der Situation digitaler Start ups wieder, die in einem bereits etablierten, gnadenlosen Markt um jedes Prozent  Marktanteil, jeden Euro Umsatz kämpfen müssen. Sie würden das nicht lange überleben.
  • Die Mitarbeiter der klassischen Medien beginnen erst langsam, sich mit den neuen Anforderungen vertraut zu machen, Kompetenzen aufzubauen, Expertise zu entwickeln. Ein harter Schnitt („Bold Move“) würde zeigen, wie gering die fachlichen Kompetenzen im Digitalen ausgeprägt sind. 80% der Mitarbeiter müssten ausgetauscht werden – das erlauben sich nur Start ups, keine etablierten Unternehmen mit starken Personalräten.
  • Die Kultur der aller traditioneller Medien ist ausgerichtet auf Kontinuität und Evolution, nicht auf schnelle Veränderungen. Agile Arbeitsweisen sind nicht nur eine Frage der IT, sondern vor allem des Mindsets. Diesen zu ändern, dauert mindestens einige Jahre.
 
Schnelle Lösungen gibt es nicht , es bleibt demnach nur eine stetige Bewegung in Richtung des Ziels. Aber wieder: Wie schnell kann und muss diese Bewegung sein?

Pace of Change

Letztlich wird die Veränderungsgeschwindigkeit bestimmt durch die Dynamik des Marktes („pace of change“):



Bei geringer Marktdynamik (linke Spalte) können es sich die Unternehmen erlauben, nur kleine Schritte in Richtung Digitalisierung zu gehen („low risk moves“) und weiter in zwei Welten zu leben, (der analogen und zunehmend der digitalen), während sie sich evolutionär in ein digitales Unternehmen transformieren. Diese Sichtweise wird derzeit von den meisten traditionellen Medien in ihren Strategieprozessen präferiert.
 
Bei hoher Marktdynamik (rechte Spalte) erhöht sich der Druck:  Je nach Auswirkung der Markt-Veränderung auf das Unternehmen sind nur kleinere Schritte erforderlich, z.B. der Umbau in Richtung agiler Arbeitsweisen. Bei schnellen und massiven Veränderungen muss das Unternehmen radikale Schritte unternehmen, um zu überleben („bold steps“). Diese Sichtweise – mit ihren schmerzhaften Auswirkungen und unsicheren Erfolgsaussichten - wurde bislang nur von wenigen Unternehmen in Strategieentscheidungen umgesetzt.

Kernfragen

Entscheidend für die Strategiewahl ist demnach die Einschätzung der Unternehmen zur Marktdynamik:
 
  • Wie schnell brechen unsere alten Märkte / Kunden / Reichweiten / Umsätze weg?
  • Ist es eine Frage weniger Jahre oder bleiben noch 10 Jahre für die Neuausrichtung?
  • Wie schnell können neue digitale Märkte und Kunden erschlossen werden?
 
 



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